Rezensionen

"
Welt der Frau - Die österreichische Frauenzeitschrift"

Ausgabe: 7-8/2001

Die große Lust am Singen

Ihr Name klingt wie ein Spaghetti-Sugo und ihre Lieder versetzen das Publikum in südliche Gefielde: die umwerfenden Musikerlnnen von »All' Arrabblata.« muss man erlebt haben.

Sieben auf einen Streich, vier Damen im knallfarbenen Outfit - schwarze Röcke, Stie-feletten und spitzenbesetzte Schultertücher im Kontrast zu tomatenroten Netzstrümp-fen, schräg sitzenden Tüllrosen für Haar und Ausschnitt - daneben drei Herren in weißen Hemden, die Ärmel aufgekrempelt, sandfar-bene Hosen.
Gesten kommen dazu, große und klei-ne, mit beiden Händen, mit rudernden Ar-men, mit energisch erhobenen Köpfen - sin-gend im Halbkreis, dann Instrumentenwech-sel, Tamburin und Flöte, Gitarre und Zieh-harmonika.
Mit viel Humor stellt die Gruppe »All' Arrabbiata« ein Klischee auf die Bühne, das gerade in Österreich so beliebt ist wie Spa-ghetti und so traditionell wie die beleuchte-te Gondel auf dem Fernseher.

Typisch italienisch? Antonella ist das Organisationstalent der Gruppe, Agentin, Pressedame, Gründerin und Muttergestalt.
»Begonnen haben wir als A-capella--Gruppe«, lacht sie, »nur mit unseren Stim-men. Schließlich war es unser größter Wunsch so zu singen, wie wir es alle zu Hau-se getan haben. Bei jedem Fest, jedem Ge-burtstag, jeder Taufe. Jetzt brauchen wir schon einen Lastwagen, um mit allen Instru-menten zu den Konzertauftritten zu finden.«
Wie sie ihr Programm behandeln? - All'arrrabbiata natürlich, was nicht nur scharf, wütend oder verbissen heißt, son-dern auch leidenschaftlich.
Volkstümliche Lieder, alte Schlager - diese Texte! Triefende Klischees, voll von Schmerz, Liebe und Eifersucht. Diese Melo-dien! Mehrstimmige Ohrwürmer, spätestens nach der dritten Strophe summen die ersten Reihen mit, unterstützt von zarten Akkorden der Schlaggitarre, spätestens da möchte auch das Publikum gar nicht mehr aufhören. Da wird geträllert mit unglaublich flotter Zunge oder mit Stimme und Flöte der lyri-sche Schmerz des Mittelalters verbreitet.
Zwischen den Liedern gibt's Erklärungen für die Nichtitaliener im Publikum.
Klischeehaft, in deutsch-englischem Akzent, versteht sich: »Keiiine riegtige Artikell, 'aar-strauben! «

Bunte Truppe echter Italiener? »Wir leben von unserer Lebendigkeit und Spontaneität auf der Bühne, diese Lebens-freude rüberzubringen, das gehört zu den Grundlagen unserer Lieder. Schließlich sind einige von uns gelernte Schauspieler.« Euge-nio da Pietrasanta sitzt mir mit den anderen nach der Vorstellung gegenüber.
Anna Maria Rosa mit der prächtigen ly-rischen Sopranstimme, Francesca, die Flö-tistin, Caterina, die so schön traurig zur Zieh-harmonika singt, Martino, der sie auf his-torischen Gitarren begleitet, Giovanni, der immer noch von der Opernkarriere im Teatro La Fenice träumt, Eugenio mit dem tiefen Blick und Antonella, die Resolute.
Eugenio lässt die Toscana wieder aufle-ben und seine Erinnerungen an die Oliven-baum-Haine seines Großvaters. So wie er hat jeder der sieben eine »uritalienische« Identi-tät einzubringen, mit Augenzwinkern - do-minant ist auch noch die Figur des Onkel Peppino »Zio Peppino« aus Venedig, der die Bar »la Barca« betrieben hat. An sein buntes Leben knüpfen alle Geschichten an. War sei-ne Bar auf dem Markusplatz oder eher in Jesolo auf dem Lido ?

Jedenfalls lebte der Gute in seiner Jugend am Balaton, einer Liebschaft wegen, was sonst, und hat auch dort schon eine kleine Bar betrieben. Dann aber beutelte ihn ty-pisch italienisches Heimweh und er ist zu-rückgekommen, hat sich bedankt bei San Martino, dem Heiligen der Weinberge ...

Ein Klischee auslassen? Herrgotts-winkel, kochende Mamma, alte Liebe der Großmutter: diese so genannten Lebensge-schichten füllen nicht nur humorvoll die Mi-nten zwischen den Liedern auf der Bühne, sie sind auch Programm und stärken das Kli-schee, sagt Eugenio im »seinem« Bühnen-italienisch: »Bevor ich bin'Ierergekommen, habe ich eine kleine Lastwagen ge'abt und bin immer von Milano nach Napoli und Na-poli nach Milano gefahren mit Mozzarella die Buffero ... den 'ab ich gebracht in gute Restaurants ... «
»ich«, ergänzt Martino mit der Mando-line, »bin quasi ein Produkt von Onkel Zio aus dem Weinviertel, da hatte er, wie sag ich es - ein Gspusi mit der Truda« - »und ich«, fällt ihm Anna Maria Rosa aus Firenze ins Wort, »bin die Nichte von Antonella aus Sizi-lien, die den Onkel immer zu Weihnachten besucht hat.« Auf der Bühne sagt sie das frei-lich in italienischem Englisch.
Auf der Bühne ist eben alles anders, da hängt auch immer rechts über ihren Köpfen der Heilige des Abends, heute war es San Antonio. Hergezeigt wird der Schutzheilige erst vor dem Schlussapplaus, italienischer Aberglaube, versteht sich.

Wenn Stimmbänder Nudeln und Musik ein Sugo wäre, dann tischten Ihnen die Damen und Herren von »All'Arrabblatacc Italien so auf wie wir es in unseren kühnsten Klischees erträumen.

Elisabeth Penzias


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